Was hat das noch mit Rock’n’Roll zu tun?

Lidl hatte ein Ladenzelt bei Rock am Ring. Ah ja. Wenn ich so etwas lese, spaltet sich sofort mein Ich in zwei Persönlichkeiten. Da ist zum einen der Marketingmensch, der sagt: Großartige Idee, Kundennähe, Mut, quergedacht. Respekt, höre ich mich sagen.

Hier in Nürnberg bei Rock im Park gab es so etwas nicht. Dafür sieht man dann Horden an Festivalbesuchern bei Obi, Aldi und dem Getränkeladen um die Ecke einfallen. Klar, man will ja versorgt sein mit Holzkohle, Steaks, Bier etc.

Aber dann gibt es auch noch das andere, idealistischere Ich, das sich fragt, wie kommerziell der Rock’n’Roll eigentlich noch werden kann. Mit Motörhead-Shirt bei Lidl an der Kasse Schlange stehen. Ganz schön bieder. Ich hätte das ja boykotiert. Die armen Studenten in den Döner-, Pizza- oder Burgerbuden sollen schließlich auch was verdienen, wenn sie schon die ganze Zeit in der Hitze arbeiten müssen.

Andererseits muss man wohl aber auch pragmatisch denken. Ob man jetzt seine Sonnencreme zwei Tage vor dem Festival im Discounter kauft oder vor Ort, spielt auch keine Rolle. Und Rock’n’Roll hat ja auch etwas mit einer tiefenentspannten Sicht auf die Welt zu tun. Wenn ich mir die Bilder ansehe, war’s den Leuten vermutlich einfach egal, ob sich da ein Handelskonzern an eine junge Zielgruppe ranwirft. Dankbar haben sie das Angebot angenommen.

Insofern gewinnt mein entspanntes Vernunfts-Ich: Lidl bei Rock am Ring – geht klar. Was soll’s? Dass es überall nur um Cash geht, ist eh jedem klar. Und ob man dadurch Marken-Präferenzen aufbaut, muss jeder selbst entscheiden. Das Rock’n’Roll-Gefühl hat noch genug Platz zur Entfaltung vor der Bühne oder auf dem Campingplatz. Also, Daumen hoch für Lidl für die Idee und Umsetzung.

Warten wir aber mal ab, was noch kommt: das Beratungszelt der knuffigen Sparda-Bank, der rockige Job-Center der Agentur für Arbeit oder die Campingzeltvorgartenmöbelausstellung von Dehner sind bereits sicher in Planung.

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